Ortsgeschichte

Wann fängt die Dorfgeschichte an? Eigentlich vor 400 Millionen Jahre, als sich unsere Taunuslandschaft zu bilden begann. Geprägt wird die seit 20 Millionen Jahren vom Rhein, der zunächst in einem 10 km breiten Trog dahin floss, noch nicht in tiefer Schlucht. Sein Ufer war dort, wo heute Kleins Franz’ Haus steht. Doch wer hätte damals singen sollen, dass es am Rhein so schön sei. Menschen gab es noch keine.
Wann streiften die zum ersten Mal hier durch die dichten Wälder? Hier lebten die sog. „Neandertaler“. Hier lebten die Kelten. Hier lebten die Römer. Doch darüber wissen wir nichts Konkretes.

Ein fränkische Gründung

Der Anfang unseres Dorfes liegt im Dunkeln, und über die Gründe für den Bau der ersten Hütte können wir nur rätseln. Es sieht so aus, als ob in der Karolingerzeit (Karl der Große! wurde im Jahr 800 zum Kaiser gekrönt.) Leute aus dem altbesiedelten Mervels oder Bachem sich hier oben an der Weg- und Wasserscheide niedergelassen hätten. Wahrscheinlich hatten sie als einfache Leute nicht einmal das Recht dazu. Grund und Boden hätte ihnen ein Fürst oder Bischof überlassen müssen. Auch die Braubacher haben wahrscheinlich lange nicht gemerkt, was sich da am Rande ihrer Gemarkung eingenistet hatte. Ich denke, es entstand eine Art Raststation mit gutem Wasser, Spanndiensten und frischen Zugtieren an den wichtiger werdenden Handelsstraßen vom Rhein und der Lahn herauf hin über den Taunus bis nach Frankfurt.
Genügsame Selbstversorger waren das, die neben einer der guten Wasserquellen Bäume fällte, um sich eine kleines Holzhaus zu bauen, um ein erstes Getreide- und Gemüsebeet anzulegen, um einen Zaun zu errichten, in dem ein Schaf oder eine Ziege oder ein Schwein gehalten wurden. Nur für das Richten in Streitfällen und für die Taufen und Beerdigungen brauchte man Hilfe von außen. Gericht und Pfarrer aber saßen für sie in der ersten Zeit in Marienfels, nicht in Braubach.
Doch das war die einzige Stadt weit und breit mit Schutzmauern gegen allerlei Feinde. Sie wurde für die frühen Leute hier oben attraktiver als das immer bedeutungslosere Marienfels.

 

Erste bezeugte Erwähnung des Dorfnamens

So begann also unsere Dorfgeschichte nicht erst am 29. September 1277, als in jener Braubacher Kaufurkunde das Wort „Dossinhusin“ vielleicht zum ersten Mal aufgeschrieben wurde (siehe Foto links). „Husin“ ist klar: „Haus“ – „Behausung“. Was aber meinte „Dossin“ oder „Dassin“? Erinnerung an einen Männernamen? Es gibt auch andere Vermutungen! Und warum wurde im 16. Jh. aus „Dassin“ „Daxen“? Auch eine offene Frage.
Vor 775 Jahren dürften hier oben 5 oder 10 Anwesen gestanden haben – 20-30 Menschen. Eine Kapelle gab es schon, mitten in der kleinen Siedlung. Drum herum begrub man die Toten. 1356 kam das hiesige Kirchlein wegen der Pfarrermissstände in Marienfels zum Kirchspiel Niederbachheim. Allmählich wurde im rechtlichen Sinn die Zugehörigkeit zu Braubach immer klarer. Ab 1600 hat Daxenhausen eine eigene Gemarkung mit etwa 1.000 Hektar – wie heute. Ein eigenes Schöffengericht verhandelte Grundstücksübertragungen und kleine Streitereien, und bis Ende des 17. Jh. ist der „Bürgermeister“ nicht viel mehr als der Gemeinderechner, der vom Amtmann in Braubach eingesetzt und kontrolliert wurde. Immerhin: Er war einer, der schreiben konnte, ganz im Gegensatz zu den allermeisten Dörflern. Von dem Wechsel der Besitzer des Amtes Braubach (zu dem eigentlich außerdem nur noch die Dörfer Ems, Gemmerich und die Höfe Falkenborn, Potasch, Hinterwald gehörten!) merkten die Leute hier sicher wenig: Es waren erst die Herren von Eppstein, dann die von Katzenelnbogen, dann die hessischen Landgrafen in Kassel oder Darmstadt.

 

Dachsenhausen wurde lutherisch

Weitreichende Veränderungen brachte aber der Anbruch der neuen Zeit zu Beginn des 16. Jh. auch hierher. Der Landesherr Philipp der Großmütige, Landgraf von Hessen, schloss sich der lutherischen Kirchen-Reformation an. Am 18. Oktober 1527 wurde sein Hofprediger Adam Krafft „Visitator“ in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen. Er war damit zuständig für die lutherische Erneuerung auch in unserem Dorf.
Nun war die Reformation hierzulande keine Volksbewegung, sondern eine Reform von oben: Die landgräflichen Beamten und auch die Pfarrer mussten überzeugt und gewonnen werden, was nicht so einfach war. Nach einigem Hin und Her einigten sich 1535 die Abgesandten der verschiedenen Herrschaften auf zehn Maßnahmen.
Die Gottesdienste wurden als deutsche Messe mit Predigt gehalten. Die anderen Reformmaßnahmen wirkten sich ebenfalls stark aus aufs alltägliche Leben:
Erstens: Die öffentliche soziale Verantwortung für alle Schwachen wurde entdeckt und den Gemeinden übertragen (bisher war dies weitgehend Aufgabe der Klöster gewesen). In jeder Pfarrei musste deswegen ein „Kirchenkasten“ eingerichtet werden – eine Art Kollektenkasse gegen die Armut, aus der Kranken, Pflegefällen und Bettlern zu helfen war.
Zweitens: Jede und jeder Mensch sollte die Hl. Schrift lesen können, deswegen musste etwas für die Bildung der einfachen Leute getan werden. In jedem Ort sollte nun eine Schule eingerichtet werden, um allen das Lesen und Schreiben zu lehren. (Das Rechnen wurde erst viel später eingeführt.)
Die Dachsenhäuser ließen sich viel Zeit mit der Errichtung der Schule. Zunächst übernahm der lutherische Pfarrer den Unterricht. Ein eigenes Schulgebäude baute man nicht, sondern richtete im vorhandenen Gemeindehaus einen Schulsaal ein.

 

Das Dorf wächst

Die Bevölkerung wuchs stetig. Aufschlussreich ist die Zählliste von 1573: „25 steuerpflichtige Einwohner von Dachsenhausen, ohne den Pfarrer, 1 Hofmann zu Hinterwald, 2 Hofleute zu Falkenborn, dazu insgesamt 134 Mastschweine in den Äckern.“ 100 bis 150 Menschen lebten also damals hier.
Einer davon war Peter Opel (manche schrieben den Namen „Oppel“ oder „Opfel“), auch „Scheidt“ genannt nach seinem Wohnsitz „Hinter dem Scheit“. Er wurde so wichtig für die Geschichte Dachsenhausens, dass man unser Dorf getrost in „Opelhausen“ umtaufen könnte. Seine Nachkommen vermehrten sich in beeindruckendem Maße: Peter Opel ist der Stammvater von vielen vielen Menschen. Allein in Dachsenhausen wurden bisher ungefähr 1.000 Menschen mit dem Namen Opel geboren. Und von besonders berühmten Nachfahren – den Autobauern in Rüsselsheim – fiel später ein bisschen Glanz auf dieses Dorf.

 

Beinahe Residenzstädtchen!

Doch wer weiß – hätte es nicht den großen 30jährigen Krieg im 17. Jh. gegeben – vielleicht hätte sich Dachsenhausen zu einer kleinen Residenzstadt mit Schlösschen und Wildpark entwickelt. Die großen Wälder in der Gemarkung interessierten im 16. Jahrhundert den Landgrafen aus Darmstadt. Hier ließ sich Geld durch Holz und die Jagd erwirtschaften. Deswegen erbaute das Amt Braubach 1568 für einen landgräflichen Jäger und Förster ein Jägerhaus mit Hundeställen, Scheuer und einem Backhaus. Sicher schaffte man auch eine angemessene Unterkunft für den Landgrafen selbst, der zehn Jahre lang im Frühjahr und im Spätherbst zur „Schweinhatz“ nach Dachsenhausen kam. Wenn der hohe Fürst und Landesherr leibhaftig auf den dreckigen Dorfstraßen und zwischen den jämmerlichen Häuschen auftauchte, erntete er natürlich Neugierde und Staunen, die sich hinter tiefster Ehrfurcht verbergen musste. Der Glanz der herrschaftlichen Darmstädter Hofhaltung strahlte aus und färbte ab auf das armselige Dachsenhäuser Dorfleben. Der große Krieg unterbrach diese Residenzentwicklung. Auch das Jägerhaus fiel wohl den Kriegswirren zum Opfer. Aber 1712 wurde erneut ein herrschaftliches Jägerhaus errichtet und ein Jäger für das Amt Braubach angestellt. Das historische Haus Felsenweg 3 könnte ursprünglich vielleicht dieses Jägerhaus gewesen sein.

 

Dachsenhausen im dreißigjährigen Krieg

Der 30jährige Krieg hat auch hier für Schrecken gesorgt. Eine Zeitlang mussten die Dachsenhäuser Schutz hinter den Braubacher Mauern suchen. Doch starben dort mehr Menschen durch die Pest als überhaupt durch die Kriegshandlungen.
Ab 1639 sind die Kirchenbücher erhalten. So wissen wir, dass damals immerhin mehr als 16 Familien hier lebten. 1639 wurden immerhin 5 Kinder geboren.

Kleines Markrecht und eigener Lehrer

Danach begann Aufschwung in mancher Hinsicht. Das Bauerndorf und seine Bevölkerung wuchs, und diese wurde „bunter“: Es gab mehr Handwerker (Schuster, Leineweber, Schneider, Müller, Schmied). Handel und Wandel wurden stärker, auch angeregt z. B. durch die beiden jährlichen Vieh- und Krammärkte, die der Landgraf 1697 bewilligt hatte.
Jetzt endlich – über 150 Jahre nach der Reformation – machten die Dachsenhäuser ernst mit der Schulreform. Eigene Lehrer wurden beschäftigt, doch zunächst waren das wenig gebildete Männer. Aber immerhin: immer mehr Menschen kamen von außerhalb ins Dorf! Neue Ansichten und neue Berufe!
So lesen wir folgenden Taufeintrag von 1742:

Anna Elisabeth Catharina, eheliche Tochter des katholischen „Mannemächers“ Jacob Bröhl und seiner Frau Elisabeth, beide gebürtig von Gödert im Birkenfeldischen, wurde am 5. Mai in Emmrich Cloßens Haus geboren, der diese Leute um Gottes Willen aufgenommen hatte. Das Mädchen wurde am folgenden Sonntag Exaudi, den 6. Mai, getauft. Paten waren: 1. Des Emmrich Cloßens Frau Maria Elisabetha; 2. Maria Catharina, Ehefrau des Schneiders Johann Eckhard Schmid; 3. Carl Philipp Seybert, unser Lehrer, so sich dazu angeboten hatte, wie der Mannemächer sagte.

 

„Mannemächer“ seit 250 Jahren

Die ersten Dachsenhäuser Mannemächer kamen also vor 250 Jahren in unser Dorf. Sie brachten eine Handfertigkeit mit, die von den einheimischen Bauern gebraucht wurde. Doch was hielt man von diesen Fremden? Das Korbflechten wurde zunächst nur von zugezogenen Familien ohne Grundbesitz ausgeübt. Aber trotzdem (oder gerade deswegen) haben die umliegenden Dörfer das Wort „Mannemächer“ zum Spitznamen für alle Dachsenhäuser gemacht.

 

Die Pfarrersfamilie Snell

Auch die Pfarrer dieser Zeit, man nennt sie die Aufklärung, waren besser ausgebildete und studierte Leute (die trotzdem hart für ihren Lebensunterhalt wie alle anderen als Bauern arbeiten mussten). Sie brachten neue Bildungsideale ins Dorf. So auch Johann Peter Snell, der von 1750 bis 1797 hier Pfarrer war.

 

Die Familie Opel stammt aus Dachsenhausen

Er half mit, dass zum ersten Mal ein Dorfkind eine höhere Schule besuchte und studieren konnte. Johann Philipp Opel (1730-1809) ergriff nicht den Familienberuf Schmied, sondern wurde Lehrer in Gemmerich. Der Urenkel dieses Lehrers war Adam Opel, zunächst selbst wieder im angestammten Familienberuf als Schlosser tätig. Er begründete die Weltfabrik Opel in Rüsselsheim.

Veränderung durch Bildung: Lehrer Christfreund (1779-1815)

Ein weiteres Beispiel dafür war die weitere Verbesserung der Schulsituation: Pfarrer Snell führte im Jahr 1779 einen neuen Lehrer ein: Philipp Justus Christfreund, der aus Mähren und einer wohl ursprünglich jüdischen Familie stammte. Er war der erste Lehrer, der richtig ausgebildet war. Über 35 Jahre war er hier Lehrer und prägte damit eine ganze Generation.
In seiner Schulchronik beschrieb er auch das alte Rathausgebäude, in dem der Schulsaal und die Lehrerwohnung mit den nötigen Schweineställen untergebracht waren. Der Schulsaal war etwa 25 m² groß und 2,35 m hoch. 1822 mussten darin 112 Schüler unterrichtet werden. Die Lehrerwohnung bestand aus einem Wohnzimmer von knapp 12 m², einem kleinen Schlafzimmer und einer Kochecke im Flur von 8½ m². 1795 hatte man an die Lehrerwohnung auf dem Friedhof noch eine Kammer von 12 m² angebaut. Das war die Gemeinde den Christfreunds wohl auch schuldig, denn die hatten inzwischen 7 Kinder bekommen.
Immerhin schaffte man diesen kleinen Anbau an die Lehrerswohnung 1795 trotz neuer Kriege, die damals auch Dachsenhausen schwer in Angst und Schrecken versetzten.

 

Leiden durch die Franzosenkriege von 1792-1795

1792-95 griffen die Franzosenkriege in den ersten Jahren nach der französischen Revolution auch hierher über den Rhein. Von einem Sohn des Pfarrer Snell mit Namen Johann Peter Ludwig ist ein Kriegstagebuch erhalten. Daraus ein kurzer Abschnitt:
1792: Den 21ten November verbreitete sich mittags plötzlich das Geschrei: Die Franzosen kommen! Wir liefen auf die Altane und sahen wirklich etliche hundert Soldaten von dem Oberbachheimer Wald herunter marschieren. Nicht ohne Furcht erwarteten wir sie. Da sie aber herzu kamen, siehe da, da waren es Hessen, die von St. Goar nach Nassau und von da über den Westerwald nach Marburg wollten, und hier über Nacht blieben.
Die hiesigen Bauern waren damals hart beschwert. Viele hatten Mittwochs Morgens Bagage (Militärgepäck) wegführen müssen bis nach Frankfurt, und kamen erst den folgenden Samstag zurück. Viele andere Fuhrleute hatten Fourage (Verpflegung) in das Lager bei Becheln gefahren, und wurden daselbst behalten, damit man sie bei der Retirade (Rückzug) sogleich zur Hand hätte. Ihre Angehörigen mussten ihnen Speise und Heu für ihre Ochsen nach Becheln tragen. Diejenigen Bauern, welche noch Ochsen hier hatten, hüteten sie Tag und Nacht in den dicksten Gebüschen. Kein Pflug ging im Feld, obgleich die Zeit zur Kornsaat vorhanden war. Dabei mussten täglich noch Leute nach Oberlahnstein gehen, Schanzen zu machen. Weiber und Kinder mussten helfen, den Weg machen. Es war ein großer Jammer.
Auf diesen Johann Peter Ludwig Snell geht eine weitere wichtige Änderung zurück. Er wurde in Dachsenhausen geboren am 17.1.1764 und wuchs also auf mit dem hiesigen Dialekt. Er studierte Theologie und wurde 1797 als Nachfolger seines verstorbenen Vaters Pfarrer von Dachsenhausen. Als echter Dachsenhäuser Bub wusste er genau, wie alle den Namen Opel aussprachen: Mit einem hessischen weichen P-Laut (so wie die Fabrikarbeiter in Rüsselsheim bis heute sagen, dass sie beim „Obbel schaffe“). Und da ein gebildeter Mensch mit der Schrift möglichst die Sprache abbilden will, trug Pfarrer Snell Jun. nunmehr alle Opels mit „B“ als Obel in die Kirchenbücher ein. Und die ließen sich das gefallen. Ein weiteres Beispiel für Veränderung durch Bildung.

 

Neue Ordnung im neuen Herzogtum Nassau (seit 1806)

Doch zeigte sich in diesen Jahren, dass Veränderungen manchmal auch andere Wurzeln haben, und dass sogar das Böse wie ein Krieg langfristig Gutes bewirken kann.
Die Nassau-Usinger Fürsten verlorenen in den Franzosenkriegen linksrheinische Besitzungen. Als Ausgleich erhielten sie das Amt Braubach von Darmstadt. Daraus entstand noch während der Napoleon-Zeit 1806 das Herzogtum Nassau mit Regierungssitz in Wiesbaden: Endlich ein einheitlicher Staat zwischen Rhein und Lahn. Eine vernünftige und reformfreudige Regierung schaffte die Grundlagen für Wachstum in vieler Hinsicht: Die Leibeigenschaft wurde aufgehoben, es gab eine einheitliche Steuergesetzgebung, eine Verfassung, eine gründliche Neuordnung des Schulwesens, schließlich auch die erste Kirchenunion in Deutschland zwischen lutherischen und reformierten Gemeinden.

 

Grundlegende Veränderungen

Veränderungen vollzogen sich nun seit der 1. Hälfte des 19 Jh. immer schneller. Innere in den Einstellungen der Menschen und in ihrem Lebensstil. Äußerliche im Dorf an Gebäuden und Straßen.
Die Bevölkerung wuchs deutlich. Bisher war die Kreuzstraße am Rathaus ziemlich genau der Mittelpunkt von etwa 50 Häusern gewesen, meist einstöckig, mit Stroh gedeckt. Nun aber musste für die wachsende Zahl der Menschen Platz geschaffen werden. Man stockte die Häuser auf und erschloss Neubauviertel: Die heutige Rhein-Taunusstraße hinauf!
Natürlich konnten die kargen Äcker und die mühselige Viehzucht eigentlich nicht mehr alle ernähren. Deswegen hören wir seit dem 18. Jh. von Dachsenhäusern, die ihre Heimat verließen, um nach England, in die Schweiz, nach Ungarn und vor allem nach Amerika auszuwandern.

 

Neuer Friedhof, neue Kirche, neue Schule

Der Friedhof wurde zu klein. 1820 legte man einen neuen außerhalb Richtung Oberbachheimer Wald an. Die uralte baufällige Kapelle wurde zu klein. 1834 begann man auf der anderen Seite des erst 120 Jahre alten Turmes eine neue Kirche zu bauen. 1835 wurde sie eingeweiht.
Das Schulhaus war inzwischen so baufällig geworden, dass man 1846 den Lehrer in einem anderen Haus unterbringen musste. Das Gelärch wurde abgerissen, und 1849 begann an gleicher Stelle der Neubau der Schule, die man 1850 einweihen konnte.

 

Neue Landbaumethoden und erste Arbeiter

1822 gab es 63 Gehöfte, 89 Familien, 410 Einwohner.
Jetzt wurden tiefgreifende Veränderungen in der Landwirtschaft eingeführt: Die Stallhaltung ersetzte die Waldhütung. Erst jetzt konnte sich der heutige Hochwald ausbilden.
Und neue Berufe entstanden. Immer mehr Männer suchten und fanden Arbeit außerhalb des Dorfes. In den Kirchenbüchern steht oft als Berufsbezeichnung: Hüttenarbeiter, sie arbeiteten also in Braubach in der Blei- und Silberhütte.

 

Pfarrer Bender (1894-1906)

1894 kam ein junger frommer eifriger Mann als evangelischer Pfarrer ins Dorf: Ernst Bender. Er kümmerte sich auch um Verbesserung der Volksbildung, baute eine Leihbibliothek auf und organisierte Vorträge. Auch um die Verschönerung des Dorfes kümmerte er sich:
Er sorgte dafür, dass 1897 zum 100. Geburtstag Kaiser Wilhelm I. auf einem hergerichteten Platz neben dem oberen Backhaus (auf dem heutigen Turnplatz) eine Kaisereiche gepflanzt wurde, zusammen mit einer Reihe von Kastanienbäumen. Er schrieb dazu in die Pfarrchronik: „Es ist sehr zu hoffen, dass die neue Anlage eine Zierde des sehr verschönerungsbedürftigen Dorfes werden wird. Unter dem Schatten der Kastanien werden einst die Nachkommen sitzen und die Enkel und Urenkel spielen.“

 

Wasserleitung, elektrisches Licht, Bahnhof

1901 gelang das segensreiche Projekt einer Wasserleitung für das Dorf. Es erwies sich, so Pfarrer Bender, als „ganz unschätzbares Gut. Auch die Gegner – und welches Projekt, sei es noch so gut, hat keine Gegner, namentlich unter den Bauern – sind nun überzeugt und loben die neue Einrichtung aufs Lebhafteste.“
1901 gab es weitere technische Neuerungen, die die Lebensqualität deutlich verbesserten: Die Kleinbahn von Braubach nach Nastätten wurde mit Bahnhof in Dachsenhausen eingeweiht.

 

Vereine entstehen

Eine Errungenschaft des 19. Jh. waren die Vereine, die auch in unserem Dorf entstanden. Sie zeigen, wie sich Interessen und Lebensstil, auch das Freizeitverhalten tiefgreifend veränderten.
Der Gesangsverein Arion war wohl der erste Verein (die schöne schwarz-rot-goldene Fahne von 1870 ist erhalten).
1873 Kriegerverein.
1893 Turnverein, der sich viele Jahre keine eigene Turnhalle bauen konnte (anders als die meisten umliegenden Dörfer). Deswegen turnte man auf einem Platz am Rande des Dorfes – heute liegt der „Turnplatz“ mitten im Dorf. Im Winter wurde sicher auch der Saal der benachbarten Gastwirtschaft Eckel benutzt.

 

Geburtsstunde der örtlichen SPD

Pfarrer Bender beschrieb in der Pfarrchronik ein aufregendes Ereignis: 1903 wollte der Turnverein zum 10jährigen Jubiläum eine Fahne weihen. Diese Feier wurde aber durch ein Verbot des königlichen Landrats in St. Goarshausen empfindlich eingeschränkt. Obwohl Pfarrer Bender ja selbst königlicher Beamter war, schrieb er mit einem kritischen Unterton in seine Chronik: „Dieser Herr Landrat hatte außerdem durch Entsendung von 7 (in Klammern: sieben!) Gendarmen in diese Gemeinde an jenem Feste, ohne dass irgend etwas Strafwürdiges sich ereignet hätte, eine derartige Erbitterung bewirkt, dass wüste Ausschreitungen leicht sich hätten ereignen können. Glücklicherweise verlief Alles ohne wesentliche Störung.“
Doch am nächsten Tag waren Reichstagswahlen! Und prompt wurden zum ersten Mal in der Geschichte des Dorfes Stimmen für die SPD abgegeben – 11 Stimmen! Pfarrer Bender setzt sie auf das Konto jener Verstimmung bei der Fahnenweihe. Das war also so etwas wie die Geburtsstunde der Dachsenhäuser SPD – als Ortsverein hat sie sich dann erst 1923 gegründet.

 

Posaunenchor und Gemeindehaus

Benders Nachfolger Pfarrer Franz Emil Eibach (1906-1912) gründete selbst mehrere Vereine: 1906 zur Verschönerung der Gottesdienste und um positiven Einfluss auf die Jugend zu gewinnen, den Posaunenchor.
Er betrieb den Bau eines evangelischen Gemeindehauses, das 1910 eingeweiht werden konnte – eines der ersten Gemeindehäuser in der näheren und weiteren Umgebung! Und darin entstand dann sofort ein Frauenverein, aus dem sich die Frauenhilfe entwickelte. Auch diese beiden Vereine hatten es im Dorf zunächst schwer, akzeptiert zu werden.
Unter Einsatz von eigenen Geldern sorgte Pfarrer Eibach auch dafür, dass ab 1911 im Gemeindehaus eine Kleinkinderschule betrieben wurde – der erste Kindergarten des Dorfes.

 

Fußballverein

Die Geschichte des Turnvereins verlief nicht nur harmonisch. 1920 gründete sich ein eigener Fußballverein, weil die Vertreter des Turnvereins sich zu lange geweigert hatten, diese moderne Sportart (die vor allem unter den „Arbeitern“ ihre Anhänger hatte) ins eigene Repertoire aufzunehmen. Erst nach dem 2. Weltkrieg gelang 1955 die Fusionierung der beiden Vereine.

 

Männergesangsverein

Auch unter den Sängern im Dorf gab es Konkurrenzen. Sangesfreudige junge Arbeiter (und Arbeitslose) fanden offensichtlich im „Arion“ keine Heimat. Sie gründeten schließlich 1930 ihren eigenen Verein, den Sängerkreis Rosberg. Dieser Verein existierte bis zum Jahr 2012.

Dorfchronist

Dieser geschichtliche Überblick wurde erstellt von unserem Dorfchronisten

Herrn
Paul Martin Clotz
Hauptstraße 10
56357 Hainau